6. Abschnitt
Im Zeichen des Wiederaufbaues bis zum Ende der österreichischen Herrschaft
„Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen“ läuteten in der Christnacht des Jahres 1648 die Glocken vom Turm der Stadtpfarrkirche. Wie inbrünstig war von allen Bürgern, die den Dreißigjährigen Krieg miterleben mussten, dieser Friede von Jahr zu Jahr herbeigesehnt worden. Wohl marschierten jetzt noch dann und wann kaiserliche Truppen durch Reichenbachs Mauern, aber die landfremden Scharen der Schweden und Sachsen zogen bald für immer davon. Kein Geschützdonner, kein Sturmgeschrei schreckte die Einwohner aus dem Schlaf. Hin und wieder wagten sich sogar schon die Fuhrwerke der Handelsleute aus den Nachbarorten auf den Markt der Stadt. Langsam kehrten öffentliche Ordnung und Sicherheit wieder zurück.
Im Januar 1649 erhielt die Pfarrkirche einen neuen Geistlichen in dem Stadtpfarrer Thomas Hieronymus Heinold. Er amtierte hier aber nur wenige Jahre. Das raue Kriegsvolk, das zeitweise in der Stadt lag, vermochte sich noch immer nicht ganz dem Friedenszustande anzupassen. Der Reichenbacher Bürger Melchior Kundorf wurde ein Opfer soldatischer Zügellosigkeit. Ein Landsknecht erstach ihn im Streite, aber den Übeltäter ereilte bald die gerechte Strafe. Am 20. Oktober wurde er standrechtlich erschossen.
Nun begannen auch wieder die alten Streitigkeiten des Rates mit den umliegenden Grundherrschaften in Langenbielau, Peterswaldau und Weigelsdorf, weil sich diese die Gerichtsbarkeit über Angelegenheiten zugemaßt hatten, die der Stadt aufgrund ihrer alter Privilegien zufielen. Vom Jahre 1650 bis fast ans Ende des Jahrhunderts dauerten in einzelnen dieser Fälle die Rechtshändel. Wie sehr die Bevölkerungszahl durch den Krieg gesunken war, beweist ein Dokument aus dem Jahre 1650, in dem angegeben ist, dass die vor dem Krieg gezählten 1500 Bürger auf etwa 100 zurückgegangen waren.
Als neuer Stadtpfarrer wurde anstelle Heinolds am 29. Juni 1653 Adam Aloysius Scholtz ins Amt eingeführt. Aus diesem Jahre wird ferner ein Vorfall berichtet, dass auf den Aberglauben der damaligen Zeit ein grelles Licht wirft. Am 12. Juli wurde der Züchner David Zunge ohne erklärliche Ursache im Bad tot aufgefunden. Da man an ihm Spuren eines gewaltsamen Todes zu erkennen glaubte, mussten verdächtige Personen den Leichnam nach alter Sitte berühren. Dabei soll einer der Verdächtigen gezittert haben, und man forderte, dass ihm der peinliche Prozess gemacht würde, damit ein Bekenntnis erzwungen werden konnte. Glücklicherweise widersetzte sich das Gericht diesem Ansinnen, weil es in dem Schwächeanfall des armen Teufels keinen ausreichenden Grund zu einem solchen Verfahren sah. Zur Beruhigung der öffentlichen Meinung wurde er aber in eine kleine Geldstrafe genommen. Man sieht, dass bei den seltsamen Rechtsanschauungen der damaligen Zeit sehr leicht ein Unschuldiger dem Arm des Henkers überliefert werden konnte, wenn nur irgend ein kleiner, zufälliger Umstand gegen ihn sprach.
Das nächste Jahr brachte einen Streit, der beinahe zu einem größeren Aufruhr geführt hätte. Am 29. Februar 1654 wurde auf städtischem Grund und Boden ein gewisser Hannes Alter und dessen Sohn von dem Böhmen Tobias Täuber ermordet. Der Täter entfloh. Auf Grund der Stadtgerichtsbarkeit erhob der Rat Anspruch auf die Leichen der Ermordeten zur Feststellung des Tatbestandes. Diese waren aber, da Alter in Ernsdorf wohnhaft gewesen war, dorthin gebracht und im Hause des Gemeindeschulzen Georg Gerstmann aufgebahrt worden. Die Herausgabe wurde verweigert. Sogleich zogen die städtischen Bürger bewaffnet gegen die Ernsdorfer und es kam zu Gewalttätigkeiten, wobei ein Dorfbewohner ernstlich verletzt wurde. Die Städter umzingelten das Haus des Schulzen und drohten, es in Brand zu stecken, wenn man ihnen die Leichen nicht ausliefere. Dies geschah schließlich und die Bürger zogen mit den Toten im Triumph in die Stadt zurück. Der Mörder wurde nach abgeschlossener Untersuchung für vogelfrei erklärt und danach wurden die beiden Leichen den Angehörigen zur Bestattung freigegeben. Später ermittelte man durch Zufall den Täuber in Jägerndorf. Man schickte einige junge Bürger dorthin, und wirklich gelang es diesen, den Missetäter dingfest zu machen und nach Reichenbach zu schaffen. Hier wurde er zum Tode verurteilt und gerädert; der Leichnam wurde der Sitte gemäß auf dem Galgenberge vor dem Frankensteiner Tore auf das Rad gelegt, den Geiern zum Fraß. Dort blieb er einige Zeit, bis man eines Tages entdeckte, dass eine fremde Hand ihn an den Galgen gehängt und das Rad in den Hahnbach geworfen hatte. Vergeblich fahndete man nach den Tätern. Vermutlich hatten die Ernsdorfer auf diese Weise ihr Mütchen für die in der Sache erlittene Unbill gekühlt.
Mit der konfessionellen Eintracht war es trotz der Vereinbarungen im Westfälischen Frieden schlecht bestellt. Der dort festgelegte Grundsatz: cuius regio, eius religio, d. h. das Bekenntnis sollte sich nach dem Landesherrn richten, führte im Herzogtum Schweidnitz-Jauer zu allerlei Unzuträglichkeiten. Zwar gab es keine Zwangsbekehrungen durch Liechtensteiner Dragoner mehr, aber die Bestimmung, dass die Protestanten eigene Kirchen nicht bauen durften, kam einem Religionsverbot gleich. Jetzt ging auch die Landesverwaltung daran, die evangelischen Kirchen auf den Dörfern zu schließen. Im Jahre 1654 bereiste die „Kaiserliche Kirchen-Exekutions-Kommission“ den Kreis und besetzte die ländlichen Pfarrstellen mit katholischen Priestern. In Reichenbach wurde bei dieser Gelegenheit festgestellt, dass außer den Ratsmitgliedern, die naturgemäß sämtlich dem Glauben des Landesherrn angehörten, nur 15 katholische Familien in der Stadt wohnten. Von nun an mussten diese Protestanten die evangelisch gebliebene Kirche in Panthenau besuchen. Dieser Religionszwang reizte die Unterdrückten zu dauernden Aufsässigkeiten und störte die friedliche Entwicklung der in jeder Hinsicht schwer heimgesuchten Stadt. Der Malteserkommendator, Graf Wratislaw, wendete gegen die Protestanten sehr harte Maßregeln an. Bei der Pfarrkirche wurde eine besondere Staupsäule aufgestellt, an der die Bestrafungen für kirchliche Verstöße vollstreckt wurden. Diese Säule wurde aber nach der Abreise des Kommendators in der Nacht zum 6. November 1655 von den Bürgern umgestürzt.
Die kaiserliche Verwaltung wandte ihre Fürsorge erneut der Wiederherstellung der Zunftrechte zu. Im Jahre 1657 erging an die Mesolan- und Zweidrahtmacher sowie die Leinweber auf den Dörfern innerhalb der Reichenbacher Bannmeile die Aufforderung, den städtischen Zünften beizutreten. Freilich war der Hauptzweck dieses Befehls, die Freiweber steuerlich zu erfassen, was nur durch die Zünfte mit ihrer peinlich geordneten Verwaltung möglich war. Ein nachhaltiger Erfolg blieb dieser Maßregel versagt. Die Freiweberei gewann ständig neuen Boden.
Für die Reichenbacher Schützengilde bleibt das Jahr 1657 bedeutungsvoll. Die Anfänge dieser Gilde reichen, wie bereits früher ausgeführt wurde, bis ins 15. Jahrhundert zurück, in dem sie nach den Hussitenkriegen als Bürgerwehr entstanden war. Im Dreißigjährigen Kriege war dann das Schützenwesen in Verfall geraten. Jetzt lebte es wieder stark auf. Am 7. Mai 1657 wurde eine neue Schützenordnung aufgestellt, und aus dem instandgesetzten Schießplatz neben der Viehweide links des Breslauer Tores knallten bald wieder lustig die Büchsen. Die Königswürde errang der Züchner Christian Raschke. Als drei Jahre später der Tuchkaufmann Heinrich Sasse diese Würde erlangte, legte er den Grund zu einem neuen Schützenschatz durch Stiftung der sogenannten „Königspatzens“. Dies war eine goldene Medaille im Werte von 5.5 Dukaten, die im Mittelfelde die Ansicht der Stadt von der Südseite zeigte. Sie wurde von den Schützenkönigen an einem blauen Bande auf der Brust getragen. Eine Abbildung dieses wertvollen Schmuckstückes ist uns noch erhalten.
In den nächsten Jahren führte die Stadt mehrere Rechtsstreitigkeiten um die Braugerechtigkeit und um städtische Ländereien, deren rechtsmäßiger Besitz ihr von dem Kreuzherrnstift zu Neisse als dem Eigentümer der Propsteikirche abgesprochen wurde. Das Jahr 1661 brachte der Stadt eine umfangreiche Steuererhebung durch die kaiserliche Verwaltung, wobei nicht einmal das Militär ausgenommen wurde. Die in Verfall geratene Bürgerwehr erwachte zu gleicher Zeit durch die Einführung einer Art Wehrpflicht der städtischen Bürger zu neuem Leben. Jedermann wurde zu regelmäßigen Waffenübungen herangezogen. Schützenkönig im Jahre 1662 wurde der Ratmann Christian Topschel.
Im Jahre 1666 beginnt ein langwieriger Streit, den die Bürgerschaft gegen den Rat der Stadt mit Erfolg durchfocht. Sie klagte den gesamten Magistrat an, dass er das Stadtvermögen in rechtswidriger Weise verwaltet, sich an verschiedenen städtischen Einkünften bereichert und auf Kosten der steuerzahlenden Bürger ein prächtiges Wohlleben geführt habe. Im Jahre 1688 sprach der Landeshauptmann das Urteil. Die Ratsmitglieder Georg Keller, Christian Elsner und Ferdinand Schaplovius wurden für schuldig befunden und zu empfindlichen Geldstrafen verurteilt. Keller verweigerte die Bezahlung, aber als er kurzerhand auf sieben Wochen im Arrest gehalten wurde, entrichtete er die Buße schließlich doch. Die Steuerlast in dieser Zeit muss sehr drückend gewesen sein, denn die Stadt suchte wiederholt Ermäßigungen nach, die ihr aber von der kaiserlichen Verwaltung abgeschlagen wurden.
Bekanntlich besaß Reichenbach in dem benachbarten Ernsdorf mehrere Ländereien. Die dort wohnenden Personen waren, wie eine Verhandlung vom Jahre 1668 ausweist, von städtischen Steuern befreit, dafür aber Untertanen der Stadt. Infolgedessen wurden sie auch auf dem zur Stadt gehörigen Herrenvorwerk zu Wirtschaftsarbeiten regelmäßig herangezogen. Die gute Ernte, die in diesem Jahre erzielt wurde, warf auch für den Stadtsäckel reichliche Einkünfte ab.
Seit dem Jahre 1657 hatte die Schützengilde sich die Ansammlung eines neuen Schützenschatzes angelegen sein lassen. Es war Brauch geworden, dass jeder Schützenkönig ein Goldstück, zumeist einen Dukaten, der Gilde schenkte. Diese wurden der Schützenkette eingereiht, an welcher der Königsbatzen hing.
Um die alte herzogliche Burg hatten sich ihre jeweiligen Besitzer wenig oder gar nicht gekümmert, sodass sie immer mehr in Verfall geraten war. Am 6. März 1671 stürzte der Burgturm mit Donnergetöse ein, wobei eine Frau erschlagen wurde. Ein Aufbau fand nicht mehr statt. Der Turm verschwand endgültig aus dem Stadtbild. Schützenkönig des Jahres 1672 wurde der Ratsherr Christoph Töpfer. Gegen die ständigen Übergriffe der dörflichen Nachbarn in das der Stadt allein zustehende Braurecht schützte man sich durch Einziehung des verbotenen Bieres.
Dem katholischen Geistlichen an der Stadtpfarrkirche wurde im Jahre 1679 ein Kaplan beigeordnet. Dem Pfarrer selbst aber erging es ein Jahr darauf recht übel. Im Verlaufe eines Streites wurde er von den Ratsherren Theodor Schaplovius und Jaenke dermaßen verprügelt, dass er krank daniederlag und Reichenbach auf einige Zeit verließ. Erst nach einem halben Jahre nahm der Pfarrer seine Tätigkeit in der Stadt wieder auf. Um die gleiche Zeit hatte der Tuchkaufmann Heinrich Sasse die Linden vor dem Schießhaus pflanzen lassen. Als im Jahre 1678 das Pfingstschießen stattfand, gelang keinem der Teilnehmer auf drei Schüsse ein Treffer in den Spiegel, was zur Erlangung der höchsten Würde nötig war. Fünf Tage lang mussten die biederen Männer schießen, bis ein gewisser Michael Weichmann den vorgeschriebenen Treffer beim siebenten Schuss anbrachte. Beim Königsschießen im Sommer wurde der Schöffe Melchior Kinner Sieger.
Noch immer wirkte die in dem großen Kriege eingetretene Sittenverwilderung ein. Die Chronik berichtet fast aus jedem Jahre Hinrichtungen, die je nach der Art des Verbrechens durch Hängen, Köpfen oder Rädern vorgenommen wurden. Aber auch unter dem weiblichen Geschlecht war eine Lockerung der Sitten eingetreten. So mussten acht Reichenbacher Bürgertöchter am 13. Januar 1680 vor aller Öffentlichkeit das Rathaus ausfegen, weil ihnen ein verbotener Verkehr mit den in der Stadt einquartierten Soldaten nachgewiesen wurde.
Mit der allgemeinen Umwälzung nach dem Dreißigjährigen Kriege trat auch der Gegensatz zwischen Stadt und Land stärker in Erscheinung. Die ländlichen Grundherrschaften missachteten die Privilegien der Stadt und maßten sich deren Rechte unbekümmert um alle Proteste der Bürgerschaft an. Es gab wohl kaum eine Herrschaft innerhalb der Reichenbacher Bannmeile mit der die Stadtverwaltung im Laufe dieser Jahrzehnte keinen Rechtsstreit zu führen hatte. Zeitraubend waren die Verhandlungen, dickleibige Aktenstücke wurden zusammengeschrieben, am Ende aber erhielt die Stadt unter dem starken kaiserlichen Schutz in den meisten Fällen doch ihre alten Rechte gewährleistet.
Mancherlei Unheil brachten die letzten beiden Jahrzehnte des 17. Jahrhunderts über Reichenbach. Am 2. August 1685 war das Propsteivorwerk in Höfendorf abgebrannt. Ein Jahr später litt die Bürgerschaft unter der Einquartierung fremder Kriegsvölker, die sich auf dem Marsch nach dem ungarischen Kriegsschauplatz hier aufhielten. Zuerst waren es brandenburgische Truppen. Ein protestantischer Feldprediger, der sie begleitete, hielt nach langer Zeit wieder evangelischen Gottesdienst in dem am Ringe gelegenen Eckhause der Tränkstraße (Trenkstraße) ab. Diese Einquartierungen kehrten in den nächsten Jahren wieder, bald waren es Dänen, bald Sachsen, dann sogar irische Hilfsvölker und schließlich wieder Brandenburger.
Am 29. Juni 1690 schlug während eines starken Gewitters der Blitz in den Rathausturm und richtete in der Uhrkammer und an der Schlagglocke Schaden an, ohne jedoch zu zünden. Zwei Jahre später erfolgte die Öffnung des seit 1652 vermauert gewesenen Tränktores (Trenktores). Aus dem Jahre 1694 findet sich in älteren Chroniken eine sichere Bekundung über das frühere Vorhandensein massiver Laubengänge unter den Häusern am Ringe, wie wir sie heute noch in vielen schlesischen Städten erhalten finden. Auf diese früheren Laubengänge ist auch die eigenartige Tatsache zurückzuführen, dass die an den Ringecken einmündenden Straßen noch heute einen Häuserwinkel bilden, denn an diesen Stellen setzten sich die Straßen damals in den Laubengängen der Ringseiten fort. Am 1. August 1694 predigte der Feldgeistliche der damals in Reichenbach einquartierten brandenburgischen Truppen von der Laube des Gasthauses „Zum roten Hirsch“ aus, das dem „Schwarzen Adler“ auf der Schweidnitzer Straße gegenüberlag. In diesen Lauben hielten die Kaufleute am Ringe ihre Waren feil, ohne vom Wechsel des Wetters abhängig zu sein. Während eines Gewitters am 15. April 1695 schlug der Blitz in die Stadtpfarrkirche und beschädigte die Orgel. Die Sekte der Wiedertäufer hatte auch in der Stadt einige Anhänger. Einer derselben bekehrte sich zum katholischen Glauben und wurde im Jahre 1696 feierlich in der Kirche auf die Namen Anna Maria getauft. Beim Königsschießen im folgenden Jahre errang der Kürschnermeister Caspar Kirschstein die höchste Würde. Seine Zunftgenossen stifteten aus diesem Anlass einen Weiberpelz, eine Mütze und zwei Felle, und nun machten sich die Schützen den Spaß, drei alte Weiber ein Wettrennen um diese Sachen austragen zu lassen, woran sich die Bürgerschaft weidlich belustigte.
Ohne bemerkenswerte Ereignisse gingen die nächsten Jahre dahin, wenn man von einigen örtlichen Bränden, von den dann und wann vorgenommenen Hinrichtungen und den bald mit dieser, bald jener Grundherrschaft geführten Prozessen über alte Vorrechte absieht. Um die Wende des Jahrhunderts begannen im Osten die kriegerischen Verwicklungen zwischen dem Schwedenkönig Karl XII. und den Russen und Polen, die sich auch in Schlesien, glücklicherweise in friedlicher Form, auswirken sollten. Die protestantischen Einwohner Schlesiens sahen nämlich in dem anfangs siegreichen Schwedenkönig einen Vorkämpfer ihres unter der habsburgischen Herrschaft unterdrückten Glaubens. Sie erwarteten von einem siegreichen Ausgang der schwedischen Unternehmung Erleichterungen ihrer Religionsausübung und hielten deshalb im engeren Kreise Betstunden für den König ab. Ihre Hoffnungen blieben vergeblich. Nur sehr kurze Zeit erwirkte Karl XII. seinen Glaubensgenossen einige Rechte, im Grunde genommen dachte aber die kaiserliche Verwaltung keineswegs daran, von ihrem alten Grundsatz der Begünstigung des katholischen Bekenntnisses abzugehen. Eine Zeitlang war in Nachahmung der schwedischen Feldgottesdienste in Reichenbach unter den Kindern der Protestanten der Brauch üblich, sich in größeren Scharen im Freien zu Andachtsübungen zu versammeln. Da dies zu allerlei Unfug ausartete, wurde den Protestanten jeder öffentliche Gottesdienst bald wieder verboten.
Mit dem für den Schwedenkönig unglücklichen Ausgang des nordischen Krieges entschwand schließlich auch die letzte Hoffnung auf eine Bekenntniserleichterung. In den Jahren 1706 bis 1708 wird über eine besonders rege Bautätigkeit der Evangelischen berichtet, weil sie hofften, sich auf diese Weise ein Anrecht auf eine in der Stadt zu erbauende Gnadenkirche zu erwerben. Auch aus diesem Plane wurde nichts, im Gegenteil, die Landesverwaltung ging unter Berufung auf das durch den Westfälischen Frieden geschaffene Religionsrecht mit Strenge gegen diejenigen vor, die vom katholischen Bekenntnis wieder abgefallen waren. Im benachbarten Ernsdorf wurden mehrere Einwohner aus solchem Anlass zur Auswanderung genötigt, ihr Vermögen wurde eingezogen.
Am 23. Juli 1708 hatte ein zwölfjähriger Knabe aus Spielerei in einem Hause am Steinwege vor dem Frankensteiner Tore Feuer angelegt, dem durch Flugbrand 15 Gehöfte zum Opfer fielen. Es wirft ein eigenartiges Licht auf die Härte der damaligen Rechtsanschauung, wenn wir in einer älteren Chronik lesen, dass dieses Kind mit dem Schwerte hingerichtet und danach verbrannt wurde.
Trauer brachte das Jahr 1711 der katholischen Pfarrgemeinde. Der Erzpriester Christoph Ignaz Röhrich, welcher 45 Jahre hindurch als Seelsorger gewirkt hatte, starb. Am 24. Juni des gleichen Jahres sah die Stadt den Besuch König Augusts des Starken von Sachsen bei seiner Durchreise nach Polen. Zwei Kindesmörderinnen büßten in den Jahren 1712 und 1713 ihre Missetat durch das Schwert des Henkers, eine Magd aus Peilau und die Kammerjungfer Johanna Elisabeth Schleiffeneck aus Güttmannsdorf, von der die Überlieferung berichtet, sie habe auf ihrem Wege von dort zu der Richtstätte am Galgenberge ein Lindenreis abgebrochen und in den Boden gesteckt. Dieses Reis schlug Wurzeln und wuchs zu einem mächtigen Baum empor. Das Volk aber erblickte darin den Beweis, dass die bußfertige Mörderin göttlicher Gnade teilhaftig geworden sei.
Am 26. November 1713 erfolgte die feierliche Einweihung der fast zwei Jahrhunderte lang geschlossenen Klosterkirche, die der Empfängnis Mariä gewidmet war. Hin und wieder wurde nun diese Filialkirche zu Gottesdiensten benutzt, so besonders am Feiertage ihrer Schutzherrin. Da kein Stiftungsvermögen vorhanden war, wurde das Kirchlein durch milde Beiträge der katholischen Gemeindemitglieder unterhalten.
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Portal aus dem Jahre 1596. Früher zum Ringhause Nr. 44 gehörig, jetzt an der Stadtpromenade aufgestellt. |
Bereits um das Jahr 1715 fing der Besitzer der Herrschaft Peterswaldau, der Hirschberger Handelsherr Bernhard Bonit von Mohrenthal, damit an, die Lohnweberei in größerem Umfange einzuführen und befriedigte damit einen Teil seines Ausfuhrbedarfs. Nach Mohrenthals Bankerott setzte sein Besitznachfolger, der Graf Erdmann von Promnitz, den Fabrikationsbetrieb fort. Schon vor ihm hatte im Jahre 1714 der Zeugmacher Johann Christoph Klette damit begonnen, verschiedene wollene und halbwollene Stoffe durch Lohnweber herstellen zu lassen. Die von ihm hierzu nachgesuchte kaiserliche Genehmigung wurde aber auf den Einspruch der Reichenbacher Zeugmacher verweigert. Was Klette nicht gelungen trat, erreichte der Graf Promnitz im Jahre 1728. Er erhielt das kaiserliche Privileg zur fabrikmäßigen Herstellung von Webwaren und warb geübte Weber und Spinner aus dem sächsischen Vogtlande an, die er in Peterswaldau sesshaft machte. Ein Teil dieser sächsischen Weber ist dann später nach Langenbielau übergesiedelt, wo sich ihnen bessere Erwerbsmöglichkeiten boten. Seitdem nahmen Langenbielau und Peterswaldau einen kraftvollen, industriellen Aufschwung. Die Vormachtstellung der Reichenbacher Weberzünfte aber war damit endgültig gebrochen.
Mit großen Schneefällen setzte der Winter des Jahres 1718 ein. Am Martini-Jahrmarkt lag der Schnee so hoch auf den Straßen, dass man nur mit vieler Mühe zur Haustür hinausgelangen konnte. Eine Neuregelung erfuhr die Verwaltung des Schulwesens. Bisher war das Vermögen von Kirche und Stadtschule gemeinsam verwaltet worden. Auf Drängen des Magistrats wurden von diesem Jahre ab die der Schule gehörigen Vermögensstücke und Kapitalien festgestellt. Über die Verwaltung des Schulwesens führte man seither stets eine besondere Schulrechnung. Im folgenden Jahre bedrohte eine Feuersbrunst die Einwohner. In einem Hause auf der rechten Seite der Frankensteiner Straße war in der Nacht Feuer ausgebrochen. Obwohl es windstill war, griff der Brand doch weiter um sich und legte bis zur Rudelsgasse hinab acht Häuser in Asche. Die einzige, noch dazu mangelhafte Feuerspritze der Stadt war gegen das Wüten des Feuers machtlos.
Zu gleicher Zeit entstand ein Streit zwischen der Stadt und der kaiserlichen Verwaltung darüber, ob den Geistlichen an der Pfarrkirche das Strafrecht über Sittenübertretungen zustünde. Dies wurde vom Magistrat mit Erfolg bestritten. Am Ende des Jahres 1719 begann die kaiserliche Verwaltung, der Steuererhebung in dem für die Städte des Fürstentums aufgestellten Kataster eine feste Grundlage zu geben. Zwei Jahre später erfolgte in Reichenbach die Neuaufstellung des Grundbuches, die unter Mitwirkung von Abgeordneten aus der Bürgerschaft am 30. Dezember 1722 abgeschlossen wurde. Im Jahre 1721 machte sich ferner die Seilerinnung selbständig, deren Mitglieder vorher der Schweidnitzer Zunft angehört hatten. Die von der neuen Reichenbacher Innung entworfenen Statuten wurden vom Rat bestätigt. Eine Erweiterung der Propsteikirche zur heiligen Barbara in der Frankensteiner Vorstadt wurde vom Kreuzherrnstift zu Neisse durch Revers vorn 31. März 1721 ins Auge gefasst, aber zu einer Ausführung dieses Planes kam es nicht mehr, denn schon zwei Jahrzehnte später nahm die Entwicklung der konfessionellen Verhältnisse einen völlig anderen Weg. Ebenso scheiterten im Jahre 1725 die Bemühungen des Augustinerordens, das vor 200 Jahren aufgegebene Kirchlein auf dem Klosterplan wieder an sich zu bringen, an dem Widerstand der kaiserlichen Regierung, die den Antrag abwies. Vorher hatte die Stadt noch mit der Bauernschaft des benachbarten Ernsdorf einen Streit wegen der Leistung von Spanndiensten beim Bau einer Mühle an der Peile zu führen. Am 19. September 1724 entschied das kaiserliche Amt zugunsten der Stadt, und die Bauern wurden zur Stellung der Fuhren angehalten.
Ein seltsames Ereignis beunruhigte nach dem Weihnachtsfeste 1726 auf längere Zeit die Gemüter der Bürgerschaft. Am 27. Dezember hatte die Ehefrau des Tuchmachers Anton Siegel ihre elfjährige Tochter mit einem Weihnachtskuchen zu ihrer Schwester Anna Dempf geschickt. Da das Mädchen nicht zurückkehrte, stellte man Nachforschungen nach seinem Verbleib an. Man ermittelte, dass sich die Anna Dempf am fraglichen Tage gewohnheitsgemäß in der Stadtpfarrkirche hatte einschließen lassen, um ihren Andachtsübungen ungestört nachgehen zu können. Die Tochter des Tuchmachers hatte ihre Tante in der Kirche aufgesucht und war auch vom Glöckner dort eingelassen worden. Seitdem fehlte von beiden jede Spur. Am Silvestertag machte man dann eine schreckliche Entdeckung. Die beiden Gesuchten wurden im Gotteshause bei den Kirchbänken der Züchner unter einer Krippe mit durchschnittenem Halse tot aufgefunden. Es blieb unaufgeklärt, ob hier eine Ermordung beider oder ein Mord und Selbstmord vorlagen. Die Kirchenbehörde nahm das Letztere an und verweigerte die Einsegnung der Leichen. Als aber der Magistrat mit einer genauen Untersuchung des mysteriösen Falles drohte, verstand sich der damals amtierende Erzpriester Zoller schließlich doch zu einer kirchlichen Beerdigung. Das Mädchen wurde auf dem Friedhof an dem Begräbniskirchlein und die Anna Dempf auf dem Gottesacker der Pfarrkirche neben dem Schwibbogen an dem Komturstalle am 4. Januar 1727 begraben.
Bekanntlich war den protestantisch Gebliebenen ursprünglich der Übertritt zum katholischen Bekenntnis zur Pflicht gemacht und es war ihnen verboten worden, in der Stadt lutherischen Gottesdienst und ebensolche Schule zu halten. Da jedoch ein großer Teil der Bevölkerung bei dem protestantischen Bekenntnis verblieb, war die kaiserliche Verwaltung einsichtsvoll genug gewesen, hiergegen nicht mit Gewalt einzuschreiten. Sie beließ es vielmehr bei den vorerwähnten Verboten und wartete die weitere Entwicklung zunächst ab. Da sich für die Kinder keine andere Unterrichtsmöglichkeit als in der katholischen Stadtschule bot, hielten sich die wohlhabenden protestantischen Bürger Hauslehrer ihres Glaubens. Auf diesem Wege entstanden im Laufe der Zeit mehrere Privatschulen, da auch die minderbemittelten Protestanten ihre Kinder zu diesen Hauslehrern in den Unterricht schickten. Hierin erblickte das kaiserliche Amt jedoch eine bewusste Umgehung seines Verbots und ordnete am 2. Juni 1728 an, dass die Hauslehrer zwar weiter gehalten, dass sie aber nur die eigenen Kinder ihres Brotgebers unterrichten durften. Diese Maßnahme rief unter dem protestantischen Teil der Bevölkerung starke Verbitterung hervor und gab den Anlass zu mancherlei Übergriffen in den nächsten Jahren.
Der 24. Januar 1729 war für die katholische Kirchengemeinde ein besonderer Festtag. An ihm feierte sie das hundertjährige Jubiläum der Wiedererlangung der Stadtpfarrkirche. Der Bürgermeister Maysel ließ aus diesem Anlass in der Nacht die Freudenböller auf dem Rathausturm abfeuern. Im folgenden Jahre erhielt ein Tuchfärber vom Rat der Stadt die Erlaubnis zur Errichtung einer Färberei am Mühlgraben außerhalb der Stadtmauer. Bisher war die Ausübung dieses Gewerbes ein städtisches Privileg gewesen, und die Stadt besaß für diesen Zweck ein eigenes Gebäude, auf dem die Färbereigerechtsamkeit ruhte. Nun wurde in Anpassung an die veränderten Zeitverhältnisse mit diesem Vorrecht gebrochen und wenige Jahre später ließ sich noch ein zweiter Färbermeister in einem anderen Grundstück an der Peile nieder.
Das Jahr 1732 brachte zweimal der Stadt den Besuch von Fürsten. Am 8. April reiste der Prinz Franz von Lothringen, späterer Kaiser Franz l. von Österreich, auf seiner Fahrt nach Wien in einer Postkutsche durch Reichenbach. Die Bürgerschaft bildete Spalier und aus sechs Kanonen wurde dreimal Salut geschossen. Wenige Monate später, am 29. Juli, vormittags um 11 Uhr, traf der preußische König Friedrich Wilhelm I. hier ein. Wohl kaum einer der Reichenbacher Bürger wird es sich damals haben träumen lassen, dass neun Jahre später der Sohn des „Soldatenkönigs“ an der Spitze eines siegreichen preußischen Heeres hier seinen Einzug halten sollte. Der hohe Gast aus dem benachbarten Königreich wurde von dem Bürgermeister Maysel zum Mittagstisch eingeladen, aber Friedrich Wilhelm l. lehnte in seiner genügsamen Art ein prunkvolles Mahl in der Stadt ab und ließ es sich an einer einfachen Tafel in einer Scheune vor dem Breslauer Tore gut schmecken, sodass die wohlhabenden Reichenbacher Kaufleute hierüber anfangs verwundert den Kopf schüttelten, bald aber gehörigen Respekt bekamen, als sie die straffe Manneszucht im Gefolge des Königs und die in seiner Begleitung befindlichen „langen Kerle“ mit ihrer blitzsauberen Ausrüstung gewahrten. Flugs berief man die Bürgergarde zusammen und erwies dem Gaste durch einen Vorbeimarsch mit Gewehr und fliegenden Fahnen die gebührende Ehre. Um 4 Uhr nachmittags setzte sodann der Preußenkönig seine Reise nach Glatz und von da über die schlesische Grenze fort.
Wenige Wochen vor diesem Ereignis waren bei außerordentlich kaltem Wetter am 2. Juni die Schloßen in solcher Menge gefallen, dass der Ring wie zur Winterszeit mit einer weißen Schneedecke überzogen war. Der Bürger Enzendorf holte seinen Schlitten aus dem Schuppen und fuhr zum Ergötzen der Zuschauer unter Schellengeläut um das Rathaus.
Trotz solcher frohen Scherze blieben die Zeiten jedoch ernst genug. Handel und Gewerbe hatten sich nur langsam erholt, und die Steuerlast drückte die Bürgerschaft so schwer, dass sich die Rückstände bei dem kaiserlichen Rentamt in Breslau ständig vergrößerten. In den Jahren 1688 bis 1733 war bei einem jährlichen Steuerzins von 200 schlesischen Talern die Schuld der Stadt auf 10 800 Floren angewachsen. Die kaiserliche Verwaltung musste sich durch wiederholte Gesuche des Magistrats schließlich davon überzeugen lassen, dass diese Last für die Stadt untragbar war, und es wurde ihr zugebilligt, die Schuld durch eine einmalige Zahlung von 3000 Floren zu tilgen.
Im Jahre 1732 waren zwei Frauen aus Panthenau wegen einer kirchlichen Verfehlung in das städtische Stockhaus gesteckt worden. Als sie auch nach elfwöchiger Gefangenschaft ihren Übertritt zum katholischen Glauben nicht vollzogen hatten, wurden sie am 26. Januar 1732 durch den Scharfrichter des Landes verwiesen. Ein ähnliches Schicksal erlitten die Bürger Hagedorn, Schmatzler und Siegel mit ihren Familien, weil sie einer verbotenen Sekte zugetan waren. Obwohl sie drei Jahre lang in Haft gehalten worden waren, weigerten sie sich standhaft, ihren Glaubensgrundsätzen abzuschwören. Ihr Eigentum wurde eingezogen, sie selbst mussten mit den Ihrigen am 7. Januar 1733 die Stadt verlassen. Die Kinder des Siegel wurden jedoch zurückbehalten und im katholischen Bekenntnis erzogen. Erst nach dem Einmarsch der Preußen erhielten die drei Ausgewiesenen ihr Besitztum zurück und durften gemäß dem Religionsedikt Friedrich II. ihren Glauben wieder ungestört in der Stadt ausüben. Dem Siegel wurden die Kinder zurückgegeben.
In das gleiche Jahr fällt die Errichtung des Standbildes heiligen Nepomuk auf dem Marktplatz vor dem Gasthof „Zum roten Hirsch“. Ein Reichenbacher Fleischermeister namens Siegfried war wegen Lästerung dieses Heiligen und der katholischen Religion dazu verurteilt worden, die Kosten des Denkmals zu tragen, das annähernd zweihundert Jahre den Marktplatz zierte, bis es im Jahre 1911 auf dem Friedhofsplatz an der Gabelung der Schweidnitzer Straße mit der Feldstraße seine Aufstellung fand. Der katholischen Kirchgemeinde wurde jedoch das Recht zugestanden, die Statue auf städtische Kosten wieder auf den Ring zurückzuversetzen, wenn dort später ein anderes Denkmal Platz finden sollte.
Kaiser Karl IV. erteilte im Dezember 1735 der Stadt auf Ansuchen die Erlaubnis, den Martini-Jahrmarkt von nun an stets am Sonntag nach Mariä Empfängnis abzuhalten. In dieser Zeit fand auch eine Neuvermessung der Stadtgrenze statt. Misswuchs und eine schlechte Ernte traten im Jahre 1736 ein, sodass die ärmere Bevölkerung bittere Not litt. Aus dem Jahre 1738 rührt eine Stiftung des Bürgers Johann Wichtel her, wonach an jedem Donnerstag des Abends nach der Betglocke die große Glocke allein geläutet werden sollte. Das Stiftungskapital war auf ein Bauerngut in Ernsdorf gelegt worden. Ein zwischen der Stadt und dem Malteserkommendator ausgebrochener Streit wegen des Rechts an dem Stauwehr der Straßenmühle wurde am 6. Juli 1739 durch Vergleich erledigt. Der amtsführende Bürgermeister Franz Blasgude brachte in demselben Jahre das Privilegienbuch der Stadt zum Abschluss. Es wurde im Rathaus sorgsam in einer besonderen Lade verwahrt und war mit einem kunstvollen Umschlagdeckel versehen. In ihm sind als Zolleinnahmen aus dieser Zeit 92 Floren angegeben; diese Angabe lässt darauf schließen, dass die Stadt damals von ihrem einstigen Wohlstand noch weit entfernt war.
In der Zeit von 1671 bis 1739 waren der Königskette der Schützengilde von den jeweiligen Schützenkönigen regelmäßig Goldstücke im Werte von 2 bis 3 Dukaten eingefügt worden, sodass sie nun 69 Stück enthielt. Als im Jahre 1739 der Schornsteinfegermeister Gottfried Pachmann die Königswürde errang, veranstaltete er aus diesem Anlass einen großen Maskenball.
Nochmals war der Augustinerorden mit Ansprüchen an das Klostergebäude aufgetreten, er wurde aber durch kaiserlichen Entscheid vom 19. Januar 1740 endgültig abgewiesen. Am 19. August desselben Jahres erfolgte die Aufsetzung des Kopfes und des Malteserkreuzes auf das Dachtürmchen der Stadtpfarrkirche.
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Alt-Reichenbach um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Ansicht vom Eulengebirge. |
Als Kaiser Karl VI. von Österreich am 20. Oktober 1740 starb, hielt die Bürgerschaft am 23. November feierlichen Begräbnisgottesdienst zum Gedächtnis ihres Landesherrn. Es sollte die letzte Leichenfeier für ein Mitglied des Hauses Habsburg sein. Schon reckte der preußische Adler seine Schwingen zu gewaltigem Kriegsfluge über das schlesische Land. Friedrich II. von Preußen, soeben auf den Thron gelangt, machte die aus dem Erbvertrag von 1537 herrührenden Ansprüche des Hauses Brandenburg auf die schlesischen Herzogtümer Liegnitz, Brieg und Wohlau von Neuem geltend, um die das Haus Habsburg im Jahre 1675 seinen Vorfahren, den Großen Kurfürsten, in treulosem Undank gebracht hatte. Zu kraftvoll und scharfblickend, um sich durch papierene Zusicherungen der österreichischen Diplomatie täuschen und hinziehen zu lassen, traf er gegen Ende des Jahres 1740 seine Vorbereitungen. Österreich war ungerüstet, Preußen schlagfertig. Am 16. Dezember überschritt der König an der Spitze seiner Armee die Grenzen Schlesiens. Südwärts zogen die Marschkolonnen. Über den blitzenden Gewehrreihen flatterten in der Wintersonne die Preußenfahnen mit dem schwarzen, aufwärts fliegenden Adler. „Exoriare aliquis nostris ex ossibus ultor!“ „Möge aus unseren Gebeinen einst ein Rächer erstehen!“ Diesen Ausspruch soll der Große Kurfürst getan haben, als er seine Gebietsansprüche unerfüllt sah. Der erste der Schlesischen Kriege hatte begonnen.
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