Regesten zur Ortsgeschichte von
Reichenbach (Eulengebirge)
um 1240 ---> Deutsche Kolonisten
gründen auf der Anhöhe gegenüber der Einmündung
des Klinkenbaches in die Peile in planmäßiger
Bauform die Stadt, errichten das anfangs nur als Handelsgebäude
dienende Rathaus und erbauen mit geistlichen Ordensbrüdern
(Kreuzherren oder Templern) die spätere
Stadtpfarrkirche unweit des Marktplatzes auf der höchstgelegenen Stelle
der Niederlassung.
1241 ---> Tataren brennen und
plündern die Ansiedlung.
1258 ---> Reichenbach findet
die erste urkundliche Erwähnung bei einer Regelung der
kirchlichen Beziehungen.
1268 ---> wird Reichenbach in
einer Urkunde ausdrücklich als Stadt bezeichnet (Entrichtung von
15 Mark Stadtzins an das Clarenstift in Breslau).
1290 ---> Aus diesem Jahre wird das
erste Stadtsiegel erwähnt. Es stellt den Drachentöter
St. Georg dar, seine Umschrift lautet: S. (Sigillum)
BURGENSIUM DE RICHINBACH.
1330 ---> Die Stadt erhält von
Bolko II. das Selbstbestimmungsrecht über das
Grundeigentum, ferner wird ihr
1332 ---> das Braurecht verliehen.
1337 ---> überlässt ihr der
Herzog die niedere Gerichtsbarkeit einschließlich des Polizei-
und Wachdienstes. Das Stadtsiegel führt jetzt die Umschrift: S.
CIVIUM DE RICHINBACH.
1369 ---> bildet sich die Weber-
und Tuchmacherinnung.
1386 ---> Herzogin Agnes
erweitert die Gerichtsbarkeit durch Verleihung eines Schöffenstuhles.
1392 ---> Reichenbach gelangt
durch Erbvertrag an die böhmische Krone.
1420 ---> König Sigismund
gewährt der Stadt zwei abgabefreie Markttage (Dienstag und Sonnabend).
1428 ---> Die Hussiten
brandschatzen den Ort.
1484 ---> Der Rat der Stadt wird vom
König Wenzeslaus mit Strafrechtsgewalt ausgestattet.
1496 ---> wütet die Pest und
fordert zahlreiche Opfer.
1510 ---> Reichenbach tritt
dem Bund der „Königlichen Städte“ zum Schutze
des Landfriedens bei.
1525 ---> Die Reformation findet
Eingang in die Stadt.
1526 ---> Reichenbach fällt
mit Schlesien und Böhmen an das Haus Habsburg.
1555 ---> ist die ehedem katholische
Stadtpfarrkirche im Alleinbesitz der Protestanten.
Diese bauen Turm und Kirche weiter aus
(am Mauerwerk noch heute erkennbar).
1562 ---> Ein Brand legt 116
Gebäude in Asche, ebenso werden
1574 ---> weitere 59 Wohnstätten
eingeäschert.
1589 ---> Tuchmacher und
Züchner erbauen eigene Innungshäuser auf dem
Mittelring.
1605 ---> Die Pest wütet erneut.
1616 ---> Rathaus und Turm
werden vergrößert und verschönt.
1620-1628 ---> Kaiserliche und
protestantische Truppen brandschatzen abwechselnd die Stadt.
Diese zählte
1626 ---> insgesamt 835 Häuser
mit nahezu 7000 Einwohnern.
1629 ---> Die Jesuiten nehmen
unter dem Schutze der Liechtensteiner Dragoner wieder Besitz
von der Stadtpfarrkirche. Eine kaiserliche Besatzung liegt in
der Stadt. Religiöse Bedrückungen führen
1632 ---> zum offenen Aufstand der
Bürger, wobei der Königsrichter Reiprich ermordet
wird.
1633 ---> bricht das Strafgericht
herein. Die. kaiserlichen Generäle Götz und Illau
erstürmen Reichenbach und lassen es verwüsten.
Sächsische Truppen befreien die Stadt und legen gemeinsam mit
den Schweden die noch heute großenteils erhaltenen
Erdschanzen rings um die Stadt an. Kaiserliche Truppen
belagern vergeblich die verschanzte Stadt. Die Pest rafft den
größten Teil der Einwohnerschaft dahin.
1634-1641 ---> ist die Stadt wieder
im Besitz der Kaiserlichen. Die religiöse Unterdrückung
führt zur Ausgwanderung eines großen Teiles der
protestantischen Bevölkerung, darunter viele Handweber.
1638 ---> verteidigt sich die Stadt
erfolgreich gegen einen schwedischen Überfall. Hieran erinnert
die Steinfigur des Trommlers an der Südseite des
Rathausturmes.
1657 ---> Die im 15. Jahrhundert
entstandene Schützengilde wird neu organisiert. Neben der
Gilde bildet sich eine Vereinigung der Bürgerschützen.
1671 ---> Der Turm der herzoglichen
Burg am Schweidnitzer Tore stürzt ein. Diese verfällt
allmählich.
1692 ---> Brandenburgische Truppen
nehmen beim Durchmarsch in der Stadt Quartier. Die Bevölkerung
beteiligt sich am protestantischen Feldgottesdienst.
1708 ---> Durch Brandstiftung werden
15 Gehöfte in der Frankensteiner Vorstadt
eingeäschert.
1713 ---> Die 200 Jahre lang
geschlossene Klosterkirche wird feierlich eingeweiht. Kloster
und Kirche waren mutmaßlich im 13. Jahrhundert
entstanden.
1721 ---> macht sich die Seilerinnung
selbständig.
1732 ---> Der spätere Kaiser
Franz I. von Österreich und König Friedrich Wilhelm
I.
von Preußen besuchen Reichenbach.
1733 ---> Die Statue des St.
Nepomuk findet als Sühnedenkmal auf dem Ringe
Aufstellung.
Sie wurde von dort im Jahre 1911
entfernt und steht jetzt an der Ecke Schweidnitzer und
Feldstraße auf kirchlichem Grund und Boden.
1741 ---> Preußische Truppen
(Regiment von Schwerin) nehmen von der Stadt Besitz (erster Schlesischer Krieg). Friedrich II. verkündet- die
Bekenntnisfreiheit und
1742 ---> erhalten die Protestanten
die Genehmigung zur Einrichtung eines Gotteshauses. Dieses erste
Bethaus befand sich auf der Westseite des Ringes im heutigen
Gebäude der Buchhandlung von Heege und Güntzel.
1746 ---> Reichenbach wird
preußische Garnison.
1757 ---> Österreicher
besetzen die Stadt (dritter Schlesischer Krieg). Nur
zeitweilig gelangt sie in den nächsten vier Jahren in die Hand
der Preußen zurück und muss hohe Kriegsleistungen
aufbringen.
1762 ---> am 16. August
schlägt der Herzog von Bevern die Österreicher
unter Beck und Lascy vor den Toren von Reichenbach
am Fischerberge und bei Niederpeilau. 9 Fahnen und 28
Kanonen werden erbeutet (letzte friderizianische Waffentat auf
schlesischem Boden). Friedrich II. reitet während der
Schlacht durch die Stadt und begrüßt dort alte Bekannte.
1778 ---> Friedrich der Große
hält vor den Toren Reichenbachs Parade über die in
Schlesien gegen Österreich versammelten Truppen,
es kommt aber zu keinem neuen Kriege.
1780-1784 ---> Mit Staatsmitteln
werden 41 Wohnhäuser erbaut, unter ihnen der Gasthof „Zum
schwarzen Adler“ am Ringe (heute Finanzamt).
1786 ---> Ein Erdbeben erschüttert
die Stadt, ohne größeren Schaden anzurichten.
1790 ---> Die europäischen
Mächte verhandeln in Reichenbach auf einem
Friedenskongress über die Orient- und russischen Fragen
(Kongress-Saal im Eckhaus Ring Nr. 51).
1798 ---> Einweihung der neuen
evangelischen Kirche, die sich an der Stelle der früheren
herzoglichen Burg erhebt.
1807 ---> Die Stadt wird von
Franzosen und Württembergern besetzt.
1815 ---> Kaiser Alexander I. von
Russland und König Friedrich Wilhelm II. treffen in
Reichenbach zusammen. Hier wohnt der Minister Freiherr
vom Stein und schließt die wichtigen Bündnisse mit
England und Russland. Ernst Moritz Arndt,
Theodor Körner und Max von Schenkendorf dichten
in Reichenbach ihre Freiheitsgesänge und Reden.
Historische Gebäude: das alte Pastorenhaus am Trenktor
(Tränktor) und das Ringhaus Nr. 19.
1816-1820 ---> Reichenbach
ist Sitz des neu gebildeten Gebirgsregierungsbezirks.
1825 ---> Das Frägersche
Waiseninstitut wird eröffnet (Stiftungsvermögen 150
000 Taler), heute an der Schweidnitzer Straße
gelegen.
1844 ---> bricht in den benachbarten
Gebirgsdörfern, vornehmlich in Langenbielau und
Peterswaldau, ein Aufstand der Weber aus. Ein Teil der
Fabriken wird zerstört, es kommt zu blutigen Zusammenstößen
zwischen Militär und Bevölkerung. (Stoff zu Gerhart
Hauptmanns „Die Weber“). Reichenbach bleibt infolge
Absperrung vor einem Übergreifen des Aufstandes bewahrt.
1848 ---> Das Revolutionsjahr lässt
auch in Reichenbach die Wogen der politischen Gärung
hochgehen. Freikorps und Volkswehren bilden sich. Die
Bewegung verläuft aber unblutig.
1855 ---> Die Bahnlinie
Schweidnitz—Reichenbach wird eröffnet und
1858 ---> bis Frankenstein
weitergeführt.
1866 ---> Durch den Feldzug wird die
Cholera eingeschleppt, an der über 100 Einwohner
sterben.
1868-1872 ---> wird Reichenbach
durch den Gesangbuchstreit der evangelischen Gemeinde weithin
bekannt.
1875 ---> Das neue Rathaus an
der Stelle des alten, abgebrochenen wird eingeweiht.
1882 ---> wird der „Reichenbacher
Eulengebirgsverein“ gegründet. Aus seiner Werbearbeit
erwächst später der „Verband der Gebirgsvereine an
der Eule“.
1885 ---> Die städtischen
Wasserwerke werden in Betrieb genommen.
1890 ---> am 1. April: ein
doppelter Gedenktag. Reichenbach verliert seine Garnison für
immer. Die benachbarte Fabrikgemeinde Ernsdorf wird mit der
Stadt verschmolzen, die dadurch über 13 000 Einwohner
zählt.
1891 ---> Die Zweigbahn
Reichenbach—Langenbielau wird in Betrieb genommen. Sie ist
eine der rentabelsten Strecken der Reichsbahn.
1895 ---> Einweihung des
Kriegerdenkmals auf der „Hohen Schanze“.
1900 ---> Eröffnung der
Eulengebirgsbahn. Diese wird 1901-1903 über
Langenbielau nach Silberberg und Wünschelburg
(Heuscheuerbahn) weitergeführt, das Gebirge damit dem Fremdenverkehr völlig
erschlossen.
1911 ---> Errichtung des
Lutherdenkmals an der Breslauer Straße.
1914 ---> Anlage des Ehrenfriedhofes
für die Gefallenen des Weltkrieges.
1919 ---> brechen Lebensmittelunruhen
aus, doch tritt bald eine Beruhigung ein.
1920-1926 ---> Eine lebhafte
Neubautätigkeit setzt ein, im Westteil der Stadt entstehen neue
Straßenviertel.
1927 ---> Gründung des
Verkehrsamts Eulengebirge E.V. zur Hebung und Organisation des
Fremdenverkehrs nach dem Gebirge.
1927-1928 ---> Bau und Einweihung des
Stadt- und Hallenschwimmbades.
1928 ---> Reichenbach erhält
ein Oberlyzeum; die Landwirtschafts- und Gewerbeschule
mit Turn- und Festhalle wird erbaut.
Quelle: Erich Hasse "Wir besuchen Reichenbach (Eulengebirge)",
Breslau/Schweidnitz 1930, Seiten 23 ... 33
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