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Die Otternsteine im Eulengebirge
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Im
Eulengebirge
(von
M. Poehlemann in Breslau)
Von
den Schlesischen Mittelgebirgen kann dem Eulengebirge
mit seinen Vorbergen, die für die Touristik sowohl wie für
einen längeren Sommeraufenthalt die besten Vorbedingungen
bieten, entschieden der Vorzug gegeben, und es kann wegen der Fülle
seiner Naturschönheiten anderen Gegenden durchaus ebenbürtig
an die Seite gestellt werden.
Eulengebirge
wird die zum Gebirgssystem der Sudeten gehörende
Bergkette genannt, welche das Glatzer Kesselland auf der
Nordostseite abschließt und sich an die Ostseite des
Waldenburger Gebirges ansetzt. Es verbindet also dieses mit
dem Wartha-Reichensteiner Gebirge, wird vom Waldenburger
Gebirge im Nordwesten durch die Weistritz und vom
Wartha-Reichensteiner Gebirge im Südosten durch die
Glatzer Neiße geschieden. Am Südosten bildet die
Glatzer Neiße mit der Weistritz und im Nordosten
die Peile die Grenze des Eulengebirges. Das
Eulengebirge stellt einen von Nordwesten nach Südosten
sich erstreckenden 36 Kilometer langen und 4—12
Kilometer breiten Gebirgskamm dar; es scheidet die Kreise Neurode
und Glatz einerseits von Reichenbach und andererseits
von Frankenstein; von dem Durchbruch der Glatzer Neiße
bei Wartha reicht die Gebirgskette bis zum Ende des Granits im
Nordwesten, also beinahe bis nach Salzbrunn. Nach allen Seiten
hin fällt sie mehr oder weniger steil ab, besonders ist dies
nach Nordosten zur Ebene der Fall. Vom Hauptkamme zweigen sich
zumeist rechtwinklig viele Ausläufer ab, die die Täler
einschließen.
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| Reichenbach | 
Das
Eulengebirge zerfällt in zwei Hauptteile: den
nordwestlichen Teil, von der Weistritz bis zum Friedersdorfer
Pass, den mittleren Hauptgebirgsstock, der sich bis zum
Silberberger Pass hinzieht, und endlich den südöstlichen,
beim Wartha-Pass endigenden Teil. Die Hauptmasse des
Eulengebirges, welches fast ganz bewaldet ist, besteht aus
Gneis, der südöstliche Teil aus verschiedenen
Schieferarten. In diesen Hauptgesteinen sind wieder andere
Gesteinsarten eingelagert; am Südabhange des Kammes liegen roter
Sandstein, Steinkohle, Kalk und Grauwackensandstein, auf der
Nordseite des östlichen Endes Serpentin. Die Berge tragen in der
Hauptsache Nadelwald, wie überhaupt die herrschende
Vegetationsform des Eulengebirges der am Nordabhang bis 450
Meter, am südlichen bis 600 Meter herabreichende Wald
das am stärksten ausgeprägte Vegetationsbild abgibt. Die
Höhenzone besitzt infolge der eingestreuten Laubhölzer und
Tannen eine große Mannigfaltigkeit, während von 800
Meter an die Fichte vorherrscht, deren zuweilen auch in der
unteren Regionen führende Rolle jedoch, ebenso wie das Auftreten
der im Eulengebirge sonst nicht einheimischen Lärche, aus
den Einfluss der Forstkultur zurückzuführen ist. Von
Laubhölzern finden wir an Bachufern vielfach Grauerlen, auf
Lichtungen Birken; Buchen schließen sich, oft vereint mit
Bergulmen und dem sonnige Bergrücken bevorzugenden Bergahorn,
zuweilen zu größeren Beständen zusammen. In den
Lampersdorfer Forsten, auch zwischen Silberberg und
Wartha, finden wir mehrfache Exemplare von Eiben. 
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| Sieb und Bergschloss (Neubielau) | 
Lange
Zeit hindurch wurde das Eulengebirge in der Hauptsache
lediglich von den Naturfreunden der umliegenden Ortschaften
aufgesucht; sein Name trat der weiteren Welt höchstens in
Verbindung mit dem, in den großen Industriedörfern des
Gebirges seinerzeit herrschenden Weberelend. Erst die Tätigkeit
des „Verbandes der Gebirgsvereine an der Eule" hat die
Schönheiten der Eulengebirgsnatur weiteren Kreisen zugängig
gemacht. Zwar bestanden schon vordem Gebirgsvereine in Reichenbach,
Wüstegiersdorf, Charlottenbrunn, Neurode und Schweidnitz;
sie schlossen sich 1883 zu einem „Verband des Eulen- und
Waldenburger Gebirges" zusammen, dem sich 1886 auch
der ein Jahr vorher begründete
„Zobtengebirgs-Verein"
anschloss, aus dem dann, nach
dem Austritt des letzteren und der Waldenburger
Gebirgsvereine (1893) der„Verband
der Gebirgsvereine an
der Eule"
hervorging, dem heute 10 Einzelvereine in Breslau,
Frankenstein, Nimptsch, Peterswaldau, Reichenbach, Langenbielau,
Silberberg, Peilau-Gnadenfrei, Schweidnitz und Wüstewaltersdorf
mit über 2000 Mitgliedern
angehören.
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| Steinkunzendorf (unterer Teil) | 
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| Schloss in Peterswaldau | 
Durch
Massigkeit und kühne U
mrisse
vermag das Eulengebirge auf den ersten Blick zunächst
nicht sonderlich für sich einzunehmen; aber lieblich und schön
sind seine Höhen
und Täler, und wer es versteht, nicht Kultur-, sondern
Naturgenüsse vor allem zu suchen, der wird bei einem Besuche
voll auf seine Rechnung kommen. Die von weitem so starre Gebirgsmauer
gestaltet sich in der Nähe zu einer herrlichen Welt, in der man
nicht müde wird, alle die lauschigen Plätzchen zu besuchen,
an denen es sich so selig träumen
lässt, wo Sage und Geschichte aus Schlesiens
Vergangenheit zu uns reden, wo sich
dein Forscher begehrte Schätze erschließen.
Mit glitzerndem, weit gespanntem
Rahmen umschließen stetig fließende Wasseradern, die für
die am Fuß des Gebirges sich ausdehnenden
Fabrikdörfer Langenbielau
und Peterswaldau eine industrielle Notwendigkeit darstellen,
und auf der anderen
Seite die schlesische Ebene
mit ihrem bunten
Mosaik aus Dorf, Stadt und
Flur das entzückende Landschaftsbild. Überall
atmen wir Frieden und Waldeinsamkeit; dafür spricht der Wald zu
uns im Rauschen seiner Blätter und Zweige, im Zwitschern und
Jubilieren seiner gefiederten Bewohner, in der ganzen unverwüstlichen
Lebenskraft des Bodens zu unseren Füßen, wo das Sprossen
und Keimen, wo das Blühen und Duften uns ein Zeugnis ablegt von
der Schaffenskraft der Natur.
Überall
Ruhe, Waldeinsamkeit! Das gewerbstätige Leben, die blühende
Industrie des Eulengebirges wickelt sich fern von den Bergen
in den langen Dorfreihen der Ebene ab. Steigt man höher
gegen das Gebirge hinauf, dann
werden die Häuserreihen der Dörfer immer dünner, bis
sie schließlich selbst in die engen Gebirgstäler
eintreten, um in ihren am weitesten vorgeschobenen Enden inmitten von
herrlichen Wäldern dem
Naturfreund ein ungestörtes Heim zu bieten. Da locken gut
gepflegte und gezeichnete Wege
für zahlreiche Spaziergänge, an stillen Forellenweihern
vorbei, empor zu rauschenden Bächen.
Da bieten sich Wege für zahlreiche Spaziergänge, die einen
sicheren Führer durch Farben und Wegweiser für Wanderungen
für jede Zeitlänge abgeben, bis hinauf auf den Kamm zu
seinen aussichtsreichen Kuppen. In der Hohen Eule (1014 Meter)
erreicht das Eulengebirge seine höchste Erhebung. Der
alte hölzerne Aussichtsturm,
der 1887 errichtet und 1904 wegen Baufälligkeit
abgebrochen wurde, hat
inzwischen dem am 24. Mai 1906 eröffneten Bismarckturm
Platz machen müssen. Mit ihm wurde seitens des „Verbandes
der Gebirgsvereine an der Eule" ein dauerndes
Anziehungsmittel dem Eulengebirge geschaffen. Da der an der
Baustelle, die von dem Grundherrn Grafen
Seidlitz-Sandreczki auf
Langenbielau
bereitwillig zur Verfügung gestellt war, befindliche Gneis sich
zum Bau nicht eignete, wurde die Herstellung des Turmes in
Zementbeton von der Leipziger Firma Bastänier & George
bewirkt. Die Kosten beliefen sich auf ca. 20 000 Mark. Ein
weihevoller überwältigender Moment,
urplötzlich vor diesem
steinernen Riesen zu stehen, der, wie einst sein Namenträger
allein Sturm trotzend, Wache hält über unser Schlesierland!
Würdig steht er da im deutschen Bergwald, diesen mit der ehernen
Eule auf hohem Mast weit überragend, sich viel Wert zeigend all
der großen und kleinen
Spenden, die mühsam
zusammengebracht wurden, um seine Entstehung zu ermöglichen.
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| Kaschbach | 
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| Schmiedegrund | 
Bei
günstigem Wetter und klarer Luft ist die Rundsicht vom Turm aus
die prachtvollste und umfassendste im ganzen Eulengebirge. Das
Auge schaut auf die gesegneten Fluren und die freundlichen
Ortschaften fast aller Kreise des Regierungsbezirks Breslau
auf der linken Oderseite, von Striegau,
Neumarkt, Breslau bis hin nach Münsterberg und
Kamenz. Der hohe Standpunkt lässt
die Vorberge des Schlesischen Gebirges in dieser Landschaft
wie niedrige Hügel erscheinen. Offen liegt der Glatzer
Gebirgskessel vor uns; wir sehen die Festung Silberberg,
das Reichensteiner Gebirge, das Mense- und
Heuscheuergebirge. Gen Westen erkennen wir deutlich die gesamten
Höhenzüge des Waldenburger
Berglandes
und darüber hinaus bei völlig
klarer Luft auch deutlich den Kamm des Riesengebirges. Ein
schönes Stück Erde, das vor uns liegt! Ein harziger Duft
steigt auf, den wir mit Behagen einatmen. Überwältigt von
der Schönheit der Gottesnatur wenden wir uns auf
dem weiß bezeichneten Wege durch den Wald, der ebenfalls dem
„Verbande der Gebirgsvereine an der
Eule“
gehörenden Eulenbaude zu. Nach
15 Minuten ist sie
erreicht, und da liegt auch vor uns das idyllische Eulendörfel
mit seinen wenigen, wie aus einer Spielzeugschachtel
ausgebauten dürftigen
Häuschen; im fernen Hintergründe
das Falkenburger Tal und als hohe Firnmauer abschließend
zeigen sich Heuscheuer- und Braunauer Berge im
glitzernden Kleid von der Sonne beschienen, dem entzückten
Blick. Doppelt gut schmeckt nach all dem Gesehenen der Imbiss in der
trauten Eulenbaude. Zum
Abstieg wählen wir den
neuen interessanten, von Herrn Apotheker Max Fritsche in
Reichenbach erst kürzlich geschaffenen Weg. Vom
Grenzhau wendet er sich
durch romantische Waldpartien über
die Wegeführung Kreuztanne-Ladestadt,
wo uns bald entzückende Ausblicke in das Steinkunzendorfer
Tal,
auf die reich bewaldeten Höhenzüge
am Eulenrücken und in den Reichenbacher Talkessel über
die seitlichen Ausläufer des Schindelberges dauernd fesseln,
nach dem lieblichen, völlig von Bergen umschlossenen
Steinkunzendorf, dem Krummhübel des Eulengebirges,
das sich in den letzten Jahren auch ganz zu einer modernen
Sommerfrische entwickelt hat.
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| Schmiedegrund (Wasserfall) | 
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Eulendörfel 
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Als
Rückweg vom Turme wird auch viel der Quarcksteinweg
benutzt, ein guter, breiter Waldweg, der
über den Hirschplan nach dem industriereichen
Wüstewaltersdorf führt, und der dem Wanderer
ebenfalls zahlreiche prächtige Ausblicke bietet. 
Ähnlich
wie im Riesengebirge führt ein mit rot-weiß
gezeichneter Weg über den ganzen Kamm des Eulengebirges,
der außerordentlich lohnend ist, aber eine stramme Tagespartie
darstellt. Diese Kammwanderung von den Sieben Kurfürsten
über die Hohe Eule, Ladestadt, Ziegensteine,
Sonnenkoppe, Sonnensteine, Ascherkoppe, Hahnenvorwerk bis nach
Silberberg, als den beiden Endpunkten des Eulengebirges
kann noch weiter ausgedehnt werden,
bis an die Glatzer Neiße und andererseits bis an die
Weistritz. Der östliche Flügel von Wartha bis
Silberberg bietet den Sommerfrischlern der
dortigen Dörfer Spaziergänge in großer Zahl auf
geologisch durch
Silberschiefer und Kohlenkalk bemerkenswerten Kuppen. Jenseits der
nun folgenden tiefsten Einsattelung im Kamme, über welche die
Eulengebirgsbahn an den Zähnen der Zahnstange nach dem
Glatzer Ländchen hinüberklettert, vorbei an Tälern
und Höhen, liegt die Festung
Silberberg, die großartige Schöpfung Friedrichs des
Großen, dessen Werk da oben so steil thront, wie seine
Geschichte erhaben ist. Der flüchtige Wanderer kann von der
ganzen Gebirgsherrlichkeit, die die Natur verschwenderisch um die
ausgedehnten Festungswerke
ausgestreut hat, nur kosten; aber der bedächtig genießende
Sommergast, der in Silberberg,
in Raschdorf, in der Brandmühle oder
auf dem Hahnenvorwerk sich auf etliche Wochen eingerichtet
hat, dem wird jeder Tag neue
unvergessliche Eindrücke bringen. Wandere einmal
stundenlang den herrlichen Friedrichsweg durch die prächtigen
Lampersdorfer Forsten, die anerkannt den schönsten
Waldbestand des ganzen schlesischen Gebirges aufweisen, sieh einmal
herab von der mit einem Aussichtsturme gekrönten Ascherkoppe
aus das vor dir liegende Land, oder von der stolzen Felsgruppe der
Ottensteine, der Sonnenkoppe oder der Reimskoppe,
deren imposanter hochbewaldeter, zum Teil von Felsen gekrönter
Bergrücken auf dich eine ganz besondere Anziehung ausüben
wird! Überall sind die Landschaftsbilder verschieden, wechselnd
die Eindrücke, die Bewohner und
ihre Sitten in dem lang gestreckten Gebirge, aber überall gleich
angenehm empfindet es der Naturfreund, an keiner Stelle geldlüsterne
Wirte zu finden, die sich anheischig machen, für die selbstlos
in Hülle und Fülle spendende Natur den
unberufenen Kassierer zu spielen. Nicht nur auf der gemütlichen
Eulenbaude, auch in der
Zimmermannsbaude, im Hahnenvorwerk, sowie in der
neuerrichteten Grenzbaude und auf dem
Donjon in Silberberg, dessen Erhaltung sich der
Reichenbacher Eulengebirgsverein besonders angelegen sein
lässt, und wo auch eins der verfallenen Räume als
Vereinszimmer eingerichtet
ist, findet der Gast bei mäßigen Preisen gute Verpflegung
und Unterkunft.
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| Eulenbaude | 
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| Viadukt der Eulengebirgsbahn bei Silberberg | 
Silberberg,
mit Recht die Perle
des Eulengebirges genannt, ehemals eine freie Bergstadt,
hat ihren Namen von dem in früherer Zeit dort betriebenen
Bergbau auf
Silbererz. Zu Anfang des
Dreißigjährigen Krieges ging jedes Interesse für
den Bergbau verloren;
spätere Versuche, ihn wieder zu beleben, blieben erfolglos.
Silberberg hat eine außerordentlich reiche
geschichtliche Vergangenheit und ist oftmals in fremden Händen
gewesen. Nach dem Tode Karls
VI. (1740) machte Friedrich II. mit bewaffneter
Macht seine Rechte auf Schlesien geltend. Als nach der ersten
Eroberung Schlesiens (1741)
der preußische König sich von den Ständen
in Breslau huldigen ließ, da leisteten im November auch
Silberberg und Reichenstein dem Monarchen den Eid der
Treue. Der Friede zu
Breslau (1742),
derjenige zu Dresden (1745) und endlich nach 7-jährigem
Kampfe der Friede zu Hubertusburg (1763) bestätigten die
landesherrlichen Rechte Preußens auf Schlesien
und die Grafschaft Glatz mit Ausnahme der Fürstentümer
Teschen, Troppau und Jägerndorf. So kam Silberberg
zu Preußen. Schon im Ersten Schlesischen Kriege
hatte die Silberberger Gegend die Aufmerksamkeit des Preußenkönigs
in hohem Grade erregt, und
die Höhen zu beiden
Seiten des Passes erschienen ihm zur Anlage von Befestigungen wie
geschaffen. So
entstand nach unendlichen Mühen, hoch über der Stadt, auf 6
Berggipfeln thronend, nach dem Plan
des Oberleutnants von Regeler
in den Jahren 1765 bis
1777 der gigantische Bau, dessen Kosten einschließlich der
Kaserne über 7 Millionen Taler
gekostet haben soll, und der
heute noch, nach fast 150 Jahren, trotz des leider
fortschreitenden Verfalles, jeden Besucher mit Staunen und
Bewunderung erfüllen muss. Der Donjon
liegt 685 Meter, die große Strohhaube 740 Meter
über dem Meere. Eng verknüpft mit dem Namen der Festung ist
auch der des plattdeutschen Dichters Fritz Reuter, der von
1834 bis
1837 einen Teil
seiner Festungshaft hier verbrachte, und der in seiner köstlichen
„Festungstid" von seinem Silberberger Aufenthalt
erzählt. Seit 1860 ist die Festung als solche aufgehoben,
und 1867 wurde auch die
letzte Garnison, das Füsilier-Bataillon des 51.
Infanterieregiments, aufgelöst. Mit ihren gewaltigen Mauern
konnte die Festung 1806 den napoleonischen Truppen, die sich
umsonst daran versuchten, Trotz bieten; weder Sturmangriffe, noch
Brandkugeln konnten der Veste beikommen. Wenn Silberberg heute
auch seine Rolle als Schutz und Bollwerk ausgespielt hat, so ist dem
Städtchen doch eine andere, vielleicht gleichhoch zu achtende
Bedeutung zuteilgeworden. Diese Bedeutung wird derjenige zu schätzen
wissen, der je in ihren Mauern geweilt, und
der den unvergleichlich schönen Rundblick genoss, den ihre Höhen
bieten. Silberberg hält heute
ebenso wie die Eulenbaude eine Schülerherberge, deren
Besuch von Jahr zu Jahr zunimmt, und deren Kosten von dem Verbande
getragen werden. Groß ist die Zahl der Touristen, die
Silberberg aufsuchen, und der Eulengebirgsverein Silberberg
selbst hat trotz der bescheidenen Mittel, die ihm zur Verfügung
stehen, außerordentlich viel für die Anlage und
Zeichnung von Wegen getan. Der
Donjon-Hof ist
mit Bäumen bepflanzt; in den inneren Räumen entstand ein
Restaurant, das heute durch Umbau und Vergrößerung der
Lokalitäten eine äußerst anheimelnde und moderne
Einrichtung aufzuweisen hat, und
wo man trefflich verpflegt wird. Seitdem im Jahre 1901 die
Festung in den vollständigen Besitz der Kommune
gelangt ist, hat sie sich ganz besonders bemüht, die
hauptsächlichsten Werke, besonders den Donjon, vor dem
Verfall zu bewahren. Die Kosten für die Renovation der
bedeutendsten Teile des Riesenwerkes wurden seinerzeit durch
eine Lotterie beschafft. Durch die
1902 eröffnete Endstation der Eulengebirgsbahn ist
Silberberg bequem zu erreichen; inzwischen ist Ende 1908
auch die Bahnstrecke Silberberg—Frankenstein dem Verkehr
übergeben worden; hoffentlich
erfüllen sich auch dadurch die Erwartungen der Bewohner des
kleinen, sonst so stillen Städtchens, dass durch das hierdurch
neuerschlossene schöne Waldgebiet Silberberg als
Ausflugsort noch mehr
begehrenswert erscheint.
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Festung Silberberg (Blick auf den Spitzberg) | 
Auf
der Südseite des Eulengebirges, die sich nach der
Grafschaft wendet, liegt, unweit der interessanten
Stadt Neurode, das kleine Bad Centnerbrunn. Lockend
grüßt der Bergkamm hinüber,
wo man sich tagelang im wilden Urwald verlieren kann und doch bald
wieder in die Wohnstätten zurückgelangt, die sich hier bis
in die Hochtäler erstrecken. Günstige klimatische
Verhältnisse, die durch die umgebenden Bergwälder
geschützte Lage des Bades,
welche den Zutritt rauer Winde wehrt, andererseits die Luft füllt
mit den Ausströmungen der Nadelhölzer, machen Centnerbrunn
zu einem ebenso angenehmen,
als gesunden Aufenthalt. Die 1836 entdeckte Hauptquelle
entspringt auf dem Centnerberg; sie wird als Tafelwasser
Centnerbrunn, das heute zu den beliebtesten natürlichen
Sauerbrunnen zählt, auf den
Markt gebracht. Für
Freunde stillen Naturgenusses ist Centnerbrunn wie geschaffen;
weitab von dem Geräusch des Tages bietet es dem Ermüdeten
ein idyllisches Asyl. 
Viele
schöne Punkte, die ein kräftiges Heilmittel gegen das
Ungemach des Lebens bilden, und die die Sorgen des Alltags vergessen
lassen, ließen sich noch anführen, so das idyllische
Neubielau, das man am besten von der Großen Buche
aus durch den Tiefengrund besucht. Sein blau-grüner Duft
über den üppig sprossenden Fichtenschonungen
öffnet dem Naturfreunde das
Herz, und die steil aufsteigenden Stämme mit dem
dunklen Grün und dem feierlichen Rauschen in ihren Wipfeln
verkünden Harmonie und Gesundheit.
Überaus imposant erhebt sich das 1903 mit großem
Kostenaufwands errichtete Sanatorium Ulbrichshöhe in
Steinseisfersdorf, schon von weitem den Wanderer grüßend.
Durch das enge Steinseiffersdorfer
Tal, vorbei an dem 1907 neu erbauten Gast- und
Logierhaus Lindenruh, gelangen wir nach dem romantisch gelegenen
Schmiedegrund, weiter hinauf nach den echten Gebirgsdörfern
Friedrichshain und dem höchsten Gebirgsort des Kreises,
dem Dorfe Kaschbach, das direkt unter der
Hohen Eule liegt und den ausgeprägten Charakter des
Gebirgsdorfes trägt. 
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| Eulengebirgswald | 
Reich
an Eindrücken ist eine Durchstreifung des Eulengebirges;
sie gewährt wanderlustigen Touristen tiefe Einblicke in die
anziehende Natur, und gerade der eigenartige Wechsel zwischen
Wildnis und Kultur macht das
Eulengebirge so anziehend.
Dank der Tätigkeit der Eulengebirgsvereine durch Wort und
Schrift sind die Schönheiten der Eulengebirgsnatur in den
letzten Jahren in weitere Kreise gedrungen. Die Dörfer,
lange Jahre nur als Wohnsitz armer Weber gekannt, nehmen ein
freundliches Aussehen an und richten sich mehr und mehr zur Aufnahme
von Sommerfrischlern ein. Damit erscheint
auch ein Faktor gegeben, die alte Webernot zu lindern und vielleicht
ganz verschwinden zu lassen.
Quelle:
„Schlesien“, 1908/1909, S. 573...580
Texterkennung
und Anpassung an neue Rechtschreibregeln: Marcin Perliński
(2025)
 
 
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