Der schwedische General
Aus dem Gipfel der Hohen Eule hat ein schwedischer General sein Grab, der im Deißigjährigen Kriege gefallen war, jedoch erst in allerjüngster Zeit seine ersehnte Ruhe fand. Begangener Schandtaten willen musste er nämlich zweihundert Jahre lang rastlos umherwandern. Niemandem tat er je Gutes, aber alle fürchteten den langen, blassen General in seiner goldstrotzenden Uniform. Reiche Goldstickerei zierte den Kragen seines Rockes, von Gold waren die Epauletten, die Knöpfe der Montierung, der Degen. Zwiefacher Art jedoch waren seine Stiefeln und das hatte besondere Bedeutung. Hatte er nämlich seine schwarzen Lederstiefel an, so war er guter Laune und achtete nicht der Vorübergehenden, wie sehr sie auch pfiffen und lärmten. Trug er aber seine gläsernen Stiefel, dann war er übler Laune und die Wanderer mussten sich vor ihm hüten.
Einst ging ein Eierhändler von Falkenberg nach Dorfbach und begegnete dem General in den gläsernen Stiefeln. Da juckte es ihn, dem sonderbar gekleideten Offizier einen Streich zu spielen. Er nahm einen Stein vom Boden und zielte nach den gläsernen Stiefeln in der Absicht, sie zu zertrümmern. Der alte General jedoch schleuderte den Stein mit seinem Fuße so kräftig, dass er in den Eierkorb fiel und den Mann samt der Last umriss. Als der boshafte Eierhändler wieder aufstand, sah er, dass sämtliche Eier zerbrochen waren — der General aber stand in seinen Gläsernen stolz auf der Hohen Eule. Niemals mehr wandelte den also Gestraften die Lust an, den schwedischen General noch einmal zu necken.
Durch die Fürbitte frommer Wallfahrer wurde der General um die Mitte des vorigen Jahrhunderts erlöst und legte sich nun zum ewigen Schlummer in sein erhabenes Grab. Doch das Gerücht von seiner goldenen Uniform und Rüstung veranlasste Waldenburger Bergleute, seine Ruhe zu stören. Schnell war das Grab gefunden. Rüstig waren sie dabei, es zu öffnen, als unter fürchterlichem Donner der alte General mit gezücktem Degen aus seinem Grabe hervortrat. Da liefen die entsetzten Knappen, was sie laufen konnten und niemand hat es seitdem gewagt, des alten Helden wohlverdienten Todesschlummer freventlich zu stören.
(J. Urban)
Quelle ---> W. Reimann "Geschichte und Sagen der Burgen und Städte im Kreise Waldenburg" (1882/1908), Seite 272
OCR-Verarbeitung und Anpassung an neue Rechtschreibregeln ---> Marcin Perliński (2025)
Brak komentarzy:
Prześlij komentarz