"Die Verbannung der Sperlinge in Neugericht" → eine Sage aus dem Eulengebirge (Kreis Waldenburg in Niederschlesien)

 

Die Verbannung der Sperlinge in Neugericht

Vor ungefähr 150 Jahren oder länger sind nach der Sage einer Zigeunerhorde in dem Dorfe Neugericht in der dortigen, der Familie Leuchtmann gehörigen, Scholtisei wochenlang Wohltaten umsonst erzeigt worden. Die Zigeunermutter befreite beim Abzuge aus Dankbarkeit das damals von Sperlingen sehr heimgesuchte Dorf von dieser Plage durch Besprechung, um zu zeigen, dass Zigeuner auch Gutes tun können und sich in gutem Andenken für ewige Zeiten zu erhalten.

Ich wohne seit 1847 in Wüstewaltersdorf (so erzählt ein gewisser Sonntag). Diese Sache war mir von Anfang an so interessant, dass ich genau achtgab, ob sie sich wirklich so verhalte. Und in der Tat ist mir nie ein Sperling zu Gesicht gekommen, obwohl ich Futter auf der Straße, vor der Scheuer und dem dortigen Gasthofe genug vorfindet, während Sperlinge an dergleichen Orten in der nächsten Nähe von Neugericht sich in großer Menge einfinden. Herr Lehrer Bienewald will sogar die Beobachtung gemacht haben, dass ein sich nach Neugericht verirrter Sperling schnell mit Geschrei wieder umkehrt. Die wirkliche Ursache des Fehlens der Sperlinge in Neugericht ist noch nicht aufgeklärt.

Quelle --->
Prof. Dr. R. Kühnau „Sagen aus Schlesien“, zweite Auflage,
Leipzig 1925, Seite 109 (Text Nr. 144)

Texterkennung und Anpassung an neue Rechtschreibregeln --->
Marcin Perliński (2025)

 

PDF-Version

 

Neugericht (ein Ortsteil von Wüstewaltersdorf) / Sędzimierz (dzielnica Walimia)